Fleisch fürs Gehirn
Überlegungen zur Entwicklung der Menschheit
Von Jan Adams
Vor einigen Jahren war in „Der Spiegel“ ein Artikel, in dem behauptet wurde die Entwicklung der Menschheit wäre erst nach Entdeckung des Feuers bzw. der Kunst des Feuermachens so richtig ins Rollen gekommen, weil die Menschen dadurch in der Lage waren Fleisch zubraten, die Proteine zu dehydrieren und dadurch ihre Gehirnentwicklung zu fördern. Vielleicht sollte genau das im Mythos des Prometheus dargestellt werden, wo der Adler als Strafe dafür, dass er den Menschen das Feuer geschenkt hat, täglich die Leber heraushackt…
Aber müssten Fleischfresser dann nicht besonders hochentwickelt sein? Den Tiger, der Fahrrad fährt, gibt es vorwiegend bei Janosch nicht aber in freier Wildbahn. Zudem musste die Menschheit kognitiv in der Lage sein den potentiellen Nutzen des Feuers zu erfassen. Das bedeutet sie waren bereits auf einem Entwicklungsstand, der es ihnen ermöglicht hat Fertigkeiten zu entwickeln Feuer zu entfachen, dieses zu kontrollieren und sinnvoll zu nutzen. Sie müssen sich also vorher bereits gut genug ernährt haben, um die dafür nötige Hirnentwicklung in Gang zu setzen. Wie haben sie das wohl geschafft?
Wir dürfen davon ausgehen, dass sie alles gegessen haben von dem sie oder ihre Stammesmitglieder nicht unmittelbar gestorben sind. Forschungen bei Stämmen, die noch fernab der Zivilisation leben und sich als Jäger und Sammler ernähren, ergeben, dass pflanzliche Nahrung überwiegt. Vor allem stärkehaltige Wurzelgemüse, sowie Früchte dienen als Grundlage der Ernährung. Hinzu kommen Eier, Insekten, Kleintiere, die zwar Proteine liefern allerdings nur in geringen Mengen und kaum genug um den Empfehlungen der DGE gerecht zu werden. Dennoch haben sie es geschafft Feuer zu beherrschen und seit Jahrtausenden auf diese Weise zu überleben. Ihr Wissen überliefern sie mündlich, sie haben Gesang, Tanz, Musik und Schmuck, was sie dem Cro-Magnon-Mensch ähnlich macht, der als erster Kultur geschaffen hat (Damit ist nicht die New York Hardcore-Kultur vom Cro-Mags-Gründer Harley Flanagan gemeint…). Sie haben aber keine Schrift, die es ihnen ermöglicht ihre stammesgeschichtliche Vergangenheit festzuhalten oder Gedanken zu formulieren, die die Zukunft beeinflussen könnten. Demnach ist die These, dass Fleisch für unsere Gehirnentwicklung von Bedeutung ist wohl nicht zu belegen. Wie sollte sie auch, wo unser Gehirn doch Zucker als Nahrung braucht…
Um aus Proteinen Zucker zu gewinnen muss das menschliche Verdauungssystem große Leistungen erbringen, die viel Energie kosten, wohingegen es Kohlenhydrate ganz einfach aufspalten kann und Fruchtzucker bereits vom Speichel zersetzen lassen und im Mund aufnehmen und in den Blutstrom fließen lassen kann. Das bedeutet die pflanzliche Nahrung der Jäger und Sammler liefert ihren Gehirnen direkte, sowie langfristige Energie. Interessant ist nun, dass die ersten Hochkulturen entstanden sind, nachdem Teile der Menschheit sesshaft geworden sind und angefangen haben Ackerbau zu betreiben. Hier ist noch zu beachten, dass sie nicht bloß Getreide angebaut haben, sondern parallel dazu Hülsenfrüchte. Beides ergänzt sich und potenziert sich in den positiven Effekten. Die Kombination ihrer Aminosäurenprofile ergibt eine biologische Wertigkeit von über 100%, wodurch sie dem menschlichen Körper Protein liefern, dass noch besser und leichter zu verstoffwechseln ist als das von Eiern oder Fleisch. Zudem liefern Hülsenfrüchte Kohlenhydrate, die sehr langsam verstoffwechselt werden und dem Organismus dadurch langfristig Energie liefern. Außerdem verlangsamen die enthaltenen Ballaststoffe die Aufnahme ins Blut, was den Effekt noch begünstigt.
Diese Ernährungsform hat Zivilisationen wie in Süd- und Mittelamerika, Mesopotamien, China, Ägypten ermöglicht und später Griechenland und Rom. Die Menschen haben neben älteren Kulturtechniken Schrift entwickelt, wodurch in gewisser Weise ein allgemeines Gedächtnis geschaffen werden konnte und Kommunikation über weite Strecken möglich wurde…
…die Neandertaler hingegen, die sich hauptsächlich bis nahezu von Fleisch ernährten sind ausgestorben. Vermutlich sind sie verhungert, da nicht genug Wild für alle vorhanden war…
Die Gehirne des Homo sapiens jedoch haben ihren Weg gefunden für sich zu sorgen und ausreichend Zucker aus der Nahrung zu erhalten um sich in bemerkenswerter Weise zu entwickeln, neue Welten zu entdecken und neue Welten zu schaffen.
